Meditation als wacher hypometabolischer Zustand.

Excerpt aus einem Artikel von Young, J.D-E. und Taylor,E.: "Meditation as a Voluntary Hypometabolic State of Biological Estivation"; News Physiolog.Sci., Vol.13 (1998), pp.149-153

Der hypometabolische Zustand (= ~ Zustand mit herabgesetzter Stoffwechsel-Aktivität) ist eine in der Biologie verbreitete Erscheinung und dient dazu, lebensfeindliche Perioden (Winter, Trockenperioden) besser überdauern zu können. Zu diesem Behufe werden die Lebensprozesse in reduzierter Weise aufrecht erhalten. Bei Säugetieren begegnen wir diesem Zustand als Winterschlaf (z.B. Bär), welcher keinesweg mehr mit der Kältestarre von weniger hoch entwikelten Tierarten vergleichbar ist. Vielmehr sind Säugetiere, deren Verhalten uns im Vergleich zum Menschen hier mehr interessiert, während des Winterschlafes immer wieder wach und aktiv. Zum Beispiel bringen Großbären ihre Jungen während des Winterschlafes zur Welt. Sie pflegen und säugen ihre Jungen, obwohl sie nach wie vor in einem hypometabolischem Zustand verbleiben, welcher dem Mangel an Nahrung angepaßt ist.

Beim Menschen ist der hypometabolische Zustand eine normale Begleiterscheinung des Schlafes. Weiters findet sich dieser Zustand während Hungerperioden und in Hypnose.

Die Meditation ist ein Sonderfall eines hypometabolischen Zustandes. Personen, die angehalten wurden, sich auf den Atemrhythmus zu konzentrieren und welche sich in Räumen mit gedämpfter Belichtung befanden, zeigten augenblickliche Veränderungen, die Ähnlichkeiten zu anderen hypometabolischen Zuständen aufwiesen (3) - Herabsetzung des Sauerstoffverbrauches, Vermindeter Kohlendioxydausstoß, Herabsetzung der Atemfrequenz.

Bei gekonnter Meditation ist am Auffälligsten das Faktum, daß während sich der Körper einem Tiefschlafzustand nähert, das Bewußtsein aktiv bleibt.

EEG Messungen während der Meditation zeigen Alpha- und Theta-Rhythmen auf (zw. 4-12 Hz).(Wachzustand = 13-30 Hz; Tiefschlaf = 1-4 Hz). Es fällt außerdem der Spiegel an Catecholaminen. (Catecholamine sind Botenstoffe, die bei geistiger Wachheit, sowie bei geistiger und körperlicher Leistung gebildet werden.) Weiters steigt der Hautwiderstand (verringerte Transpiration), Atemfrequenz und Atemvolumen sinken, ohne merkenswerte Änderung an arteriellem O2 und CO2 (verringerter Stoffwechsel). Der Lactatspiegel (Milchsäure, Zuckerabbauprodukt im Muskel) im Blut sinkt ebenfalls.

Der Zustand der Meditation zeigt in einigen Punkten Unterschiede zwischen jenem von Anfängern und von fortgeschrittenen Praktizierenden:

Fortgeschrittene Praktikanten der Meditation weisen einen stärkeren Hypometabolismus auf, wobei eine gekoppelte Änderung der sympathischen und der parasympathischen Aktivität auftritt. (Messungen von diversen Hormonen, Abbaustoffen etc. in Blut u. Harn (siehe Artikel von Young, J.D-E. und Taylor,E.). Fortgeschrittene Praktikanten der Meditation zeigten bei parasympathischer Dominanz gleichzeitig eine verstärkte Kontrolle über diverse sympathische Aktivitäten (abhängig vom Übungssystem). Studien an Einzelpersonen mit jahrzehntelanger Praxis der Meditation zeigten eine phänomenale Kontrolle über normalerweise nichtkontrollierbare Funktionen:

Nachdem tibetische Mönche, die g-Tum-Mo (Erwärmungs- bzw. Kundalini-Technik) praktizierten, mehrere Stadien der stillen Meditation durchlaufen hatten, konnten sie anschließend eine derartige Körperhitze produzieren, daß bei Minusgraden nasse Tücher auf ihrem Körper getrocknet werden konnten (2).

Indische Yogis, die unter Laborbedingungen begraben wurden, zeigten ebenfalls Erstaunliches. Yogi Satyamurti (70 Jahre) blieb durch 8 Tage in einer mit Erde zugedeckten Grube, wobei er mittels Kabel mit etlichen Kontrollgeräten verbunden war. Aufzeichnungen mittels EKG zeigten, daß der Herzschlag unter die Registrierbarkeit absank. Erster Tag: normaler Herzschlag. Zweiter Tag: Tachykardie. Zweiter Tag am Nachmittag und für die nächsten 5 Tage anhaltend: Herzschlag unter der Registrierbarkeit. Achter Tag: zwei Stunden, nachdem der Yogi aus der Grube gehoben wrude wieder normaler Herzschlag. (4)

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Tiefentspannung das Tor zur Meditation ist, jedoch im fortgeschrittenem Stadium der Meisterschaft autonome Systeme unter Kontrolle gebracht werden können - jeweils durch spezielle, dem System angepaßte Methoden. Dies alles steht nicht in Widerspruch zu den hypometabolischen Zuständen einer winterschlafähnlichen Herabsetzung der Körperfunktionen, wie sie für Säugetiere gelten.

Persönlicher Kommentar zum Artikel: Aus der Warte des Meditierenden mangelt meines Wissens ein wesentlicher Aspekt genauerer wissenschaftlicher Untersuchungen - die Zustände des Bewußtseins aus der Warte ihres Erlebnisinhaltes und wie es dazu kommt. Intensive cerebrale Aktivität steht in Widerspruch zum reduzierten Energieverbrauch, wie er bei hypometabolischen Zuständen angestrebt wird. Was geschieht hier in Tiefmeditation?

1) Wird der Energieverbrauch herabgesetzt, indem verschiedene Gehirnbereiche in Ruhezustand versetzt werden? (Ausfall von Zeitsinn, Raumempfinden, Ich-Reflexion, Logisch-reflektive Zentren etc.) Wird in diesem Fall der verbleibende statische Zustand einer empfundenen Raumlosigkeit, Zeitlosigkeit und fehlenden Ichabgrenzung als "kosmische Einheit" interpretiert?

2) Wird parallel zum hypometabolischen Zustand des Körpers gleichzeitig bewußt eine erhöhte Gehirntätigkeit eingeleitet? (durch Training der Aufmerksamkeit). Dies könnte zu paranormalen oder vsionär-eidetischen Erlebnissen führen.

Literatur:

1) Young, J.D-E. and E.Taylor:
"Meditation as a Voluntary Hypometabolic State of Biological Estivation".
News Physiolog.Sci., 13 (1998), pp.149-153

2) Benson,H., M.S.Malhotra, R.F.Goldman, G.D.Jacobs and P.J.Hopkins:
"Three case reports of the metabolic and encephalographic changes during advaned Buddhist meditation techniques."
Behav. Med. 16 (1990), 90-95

3) Wallace, R.K. and H.Benson:
"A wakeful hypometabolic physiologic state."
Am. J. Physiol. 221 (1971), 795 - 799

4) Kothari et al.:
Am. Heart J., Vol. 86 (1973), pp. 282-284



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