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Nachricht an Carmen

Dreality schrieb am 23. Januar 2005 um 23:55 Uhr (446x gelesen):

Hallo Carmen,

Deine Frage, "ob Du Dich oder Deine Interessen selbst definieren solltest", klingt für mich ein wenig wie die Frage, "ob Du Dich in eine Schablone oder Schublade pressen solltest", nur um welche zu finden, die in der gleichen Schublade sitzen...

Ähnlich wie Dirk finde ich, dass dies, was Du beschreibst, durchaus etwas ist, was FÜR Dich spricht, etwas positives eigentlich, auch wenn es sich für Dich momentan eher negativ anfühlt, da Du Dich hier irgendwie einsam und fremd fühlst.

Ich kann Dich unheimlich gut verstehen - wirklich, denn mir geht es im Grunde genauso, wie Du es hier beschreibst. Ich hab mich auch schon, seit ich Kind bin, mehr als Aussenseiter gefühlt, anders als die anderen, auch wenn es schon die ein oder anderen Dinge gab und gibt, die ich mit anderen Menschen teilen kann, aber das waren immer nur winzige Fragmente und meine Gesinnung unterschied sich dann doch meist fundamental von der, meiner Mitmenschen.

Du hast es schön mit der Musik beschrieben... In meiner Umgebung gab es schon sehr viele Bekannte, die einen ähnlichen Musikgeschmack hatten wie ich, jedoch sind die dann zu Konzerten gegangen, oder Auftritten, was mich dann überhaupt nicht gereizt hat, auch wenn mir die Musik dieser Gruppe schon ganz gut gefallen hat. Das war dan einfach wieder zuviel des Guten. Ich hab dann immer gesagt, dass es mir nur um die Musik geht, die ich mir hin und wieder gerne anhöre, aber da jetzt extra auf ein Konzert zu gehen und dafür noch ne Menge Geld zu bezahlen, um aus der Menge irgendwo in der Ferne einen singenden Punkt auf der Bühne zu sehen, neee das war mir irgendwie zu blöd und fanatisch - einfach zu viel - wozu denn, wenn ich hin und wieder eine CD hören kann? :-)
Ich habe irgendwann auch angefangen, selbst Lieder zu schreiben und Musik zu machen, diese aber nie veröffentlicht - es ist eben meine kleine Welt... und ich dachte mir, wenn ich keinen wirklich fixen Stil habe, dann mach ich meinen eigenen - ja, es war eine Art Ventil für mich, aber Zugehörigkeit fand ich dadurch nicht.

Ich weiß nicht, wie ich mich in der Hinsicht beschreiben soll, aber es ist, als würden meine Wurzeln/Fühler in viele, viele Gebiete hineinragen, aber sich nicht auf eines dieser Gebiete fixieren - ich bin irgendwie hmmm wie soll ich sagen... Ich bin überall und niergendwo zu Hause und so kommen Menschen in mein Leben und gehen wieder, so schaue ich auf dies und wende mich von jenem ab, gehe dort hin, und da hin und schau mir alles an... nehme von hier und dort die Essenz mit und bereichere damit meine Erfahrung und mein Weltbild. Ich bin eine Art Wanderer, der sich nirgendwo zu Hause fühlt und so sei es nun mal... wird schon so passen :-)

Vielleicht bist Du ähnlich und ich fände es schade, wenn Du Dich versuchst, in eine Klischeé-hafte Schublade zu stecken, anzupassen, nur um Dich irgendwo, irgendwie zugehörig zu fühlen. Ich glaube fast, dass es danach auf längere Sicht, gar nicht viel besser für Dich sich anfühlen würde, weil Du Dich damit stückweit selbst verleugnen würdest - Dich EINER Richtung zuschreiben würdest, oder Dein Wesen, Deine Interessen in Facetten, Namen und Schubladen untergliedern würdest, die dann Deinen natürlichen Lauf einengen würden - es würde nicht mehr so natürlich und frei fließen wie früher und Du würdest Dich vielleicht auf Dauer sehr beengt fühlen und dennoch einsam.

Möglicherweise wird Dir irgendwann jemand begegnen, der Dir sehr, sehr ähnlich ist - ähnlicher als alle Menschen, die Dir bisher begegnet sind - jemand dem es so geht wie Dir und der Dir Deinen Weg etwas leichter macht - mit dem Du Deine Einsamkeit teilen kannst und in eine Zweisamkeit verwandelst. Vielleicht findet ihr zwei dann weitere Menschen und irgendwann einen Freundeskreis, indem Du so sein kannst wie Du bist, ohne dass Dich jemand fragen muss "wer, wie oder was Du bist".

Ich weiß nicht, ob ich mich gut ausgedrückt habe, weil ich schon sehr müde bin und ob Dir meine Worte helfen, aber vielleicht verstehst Du, was ich Dir damit sagen möchte und kannst etwas Mut daraus schöpfen, einfach so zu bleiben wie Du bist - absolut individuell, ein Unikat - völlig unverfälscht...


Alles Liebe

Eric

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