HP Saphyra
Seelenflüge

Ulrike lag eines Nachmittags im Wohnzimmer auf der Couch und wollte ein bißchen dösen. Da war sie plötzlich wieder körperlos. Sie schlenderte ein wenig in der Nachbarschaft herum, als ihr einfiel, daß ja ihr Exmann Thomas eine neue Wohnung hatte. Neugierde überkam sie, da war sie auch schon drinnen, in dieser Behausung. Im Wohnzimmer saßen vier Männer und würfelten. Ulrike sah ihnen eine Zeitlang zu, dann wurde ihr das langweilig. So ging sie durch alle Zimmer. Dieses neue Domizil von Wolfgang, es gefiel ihr, auch die Farbe der Wände. Die eine Wand war blau und rot. Macht sich gut, dachte sie. Dann ging sie zurück und beobachtete die Männer beim Spielen.
Da hörte sie Thomas sprechen: “Moment mal, da ist doch was?
Manfred sagte: “Ja, es kommt mir auch so vor, das ist komisch und richtig unheimlich.”
Der Dritter hob den Würfelbecher hoch: “Da fehlt ein Würfel, ein Würfel fehlt.“
Thomas: “Das ist meine Exfrau, ich kenne sie, die macht so etwas.
Ulrike machte, daß sie weg kam, sie fühlte sich ertappt. Zu Hause fand sie dann einen Würfel auf ihrem Tisch vor.

Auf den Geschmack gekommen, trieb ihre Neugier weitere Blüten. Ulrike wollte nun wissen, wie die Wohnung der Eltern von ihrem Freund Heinrich aussah. Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht, war sie auch schon drinnen. Im Wohnzimmer stand ein großer schwarzer Tisch mit hohen Stühlen. Ein Steintisch als Couchtisch, ging es ihr durch den Kopf. Überall lagen Medikamente gegen Grippe und Tempotaschentücher herum. Also mußte hier jemand krank sein. In die anderen Zimmer traute sie sich nicht hinein, es war ihr peinlich, also ging sie wieder.

Am nächsten Tag telefonierte sie mit Heinrich und fragte: “Habt ihr einen Steintisch und ist jemand bei euch krank?”
“Ja, ich habe die Grippe. So kann ich dir gleich sagen, daß ich nicht kommen kann.”
Sie beschrieb ihm das Zimmer, indem sie gewesen war. Er war etwas erstaunt und erklärte ihr, daß seine Eltern solche Möbel nicht besaßen. Nun war sie an der Reihe verdutzt zu sein. Wo war sie nur gewesen?

Dann lernte sie zufällig beim Friseur Britta kennen. Diese schlug Ulrike vor, doch einmal mit Heinrich vorbei zu kommen. Sie fuhren ein paar Tage später dorthin und was stand dort im Wohnzimmer? Dieser Steintisch mit den hohen Stühlen, nur in anderer Position. Sie war also hier gewesen, aber wieso, sie kannte doch Britta zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht und sagte zu Britta: “Diese Möbel waren aber vor ein paar Tagen an einem anderen Platz.”
Und zeigte ihr die Position. Britta stimmte dem zu. Dann fragte Ulrike noch, ob jemand in dieser Zeit krank war und diese Marke Grippetabletten genommen hatte. Wieder wurde ihr zugestimmt. Also war ich in dieser Wohnung, bevor ich Britta kennen gelernt hatte, ging da durch Ulrikes Kopf. Eigenartig.

Ulrike wollte sich mit Freunden in einem Gasthaus treffen, mußte aber darauf verzichten, weil sie keinen Babysitter finden konnte. Enttäuscht legte sie sich hin und war in Gedanken dort, bei diesem Treffpunkt. Plötzlich fand sie sich über den Dächern dieser Straße wieder, in der sich dieses Lokal befand. Sie versuchte hinein zu kommen, schaffte es aber nicht und kehrte total enttäuscht zurück. Da fand sie Streichhölzer mit dem Aufdruck dieser Kneipe und einen Schlüssel auf ihrem Wohnzimmertisch vor. Sie telefonierte mit ihrer Freundin und diese sagte ihr:
“Schade, daß du nicht kommen konntest. Es war sehr lustig aber auch wieder ziemlich stressig. Der Gerhard hatte seinen Schlüssel verloren.
Trotz großer Suchaktion wurde er nicht gefunden.”
Ulrike grinste vor sich hin und dachte: wie auch, den habe ja ich. Aber wie war dies nun wieder möglich?

Ulrike verließ wieder einmal absichtlich ihren Körper und spazierte die Straße entlang. Dann fing sie an zu hüpfen, das machte einen riesigen Spaß. Sie konnte sehr hoch und sehr weit hüpfen. Sie hüpfte die Treppen hoch und wieder herunter, dann wieder die Straße entlang. Das machte sie eine ganze Zeit lang, bis ihr die Lust verging. Dann stand sie plötzlich vor der U-bahnhaltestelle „Alter Römer“, aber da stand ein Haus, das sie nicht kannte. Wo kam denn dieses Haus her? Neugierig, wie sie nun einmal war, maschierte sie hinein, um es zu inspizieren. Überall dunkle Gänge, wie bei einer Behörde oder etwas ähnliches. Seit wann gab es hier eine Behörde? ging es ihr durch den Kopf. Das wollte sie nun genau wissen und so ging sie weiter. Vielleicht gab es ja hier etwas Interessantes zu entdecken. Da kamen plötzlich Leute mit sehr mürrischen Gesichtsausdrücken und sahen sie dementsprechend an. Sie kamen ihr sehr ärgerlich und streitlustig vor und sie machte, daß sie weiterkam. Dann waren da plötzlich Türen mit fremden Schriftzeichen. Sie öffnete eine Tür und fand vier Personen vor, die nur so vor sich hin glotzten. Keiner sagte auch nur ein Wort. Ulrike fragte: “Ist das hier eine Behörde?”
Keine Antwort.
“Bin ich hier auch sicher?”
Einer sagte: “Ja, du kannst dich hier verstecken.”
“Verstecken? Wovor?”
Sie stellte sich eine Weile hinter einen Schrank, bis es ihr zu dumm wurde. Eine komische Atmosphäre war das hier und sie beschloß, diesen unfreundlichen Ort zu verlassen. Plötzlich war sie wieder in der Realität und kam an der Haltestelle „Alter Römer“ vorbei. Das Haus war verschwunden, es existierte nicht. Bis heute ist sie das Gefühl nicht losgeworden, daß dort ein Tor zur Anderswelt ist.

Ulrike wartete am Treffpunkt Haltestelle „Alter Römer“ auf ihre Freundin Inge, mit der sie verabredet war. Sie wurde müde und hatte einen schweren Korb geschleppt, der aber im Moment vor ihr stand. Gelangweilt schaute sie dem Treiben der vorübereilenden Passanten zu und ärgerte sich über die Unpünktlichkeit von Inge. Sie haßte es, warten zu müssen - dazusitzen, wie bestellt und nicht abgeholt - und überlegte, ob sie nicht einfach gehen sollte. Vielleicht müßte sie Inge endlich einmal klar machen, das nächste Mal pünktlicher zu sein, wenn man verabredet war. Plötzlich veränderte sich die Gegend. Sie stand auf einem Platz, den sie nicht kannte. Es kam aber noch besser. Seltsam bizarr angezogene Menschen, die in ein paar Jahrhunderte der Herrenmode dieser Erde paßten, liefen und standen da herum. So um das Jahrhundert Heinrich des Achten. Nur die Damenmode war zu dieser Zeit eine ganz andere. Es gab keine Autos, aber trotzdem herrschte ein reges Treiben. Die Menschen rannten alle hin und her, einige blieben verwundert vor ihr und ihrem Korb stehen. Keiner sagte auch nur ein Wort, sie wurde nur neugierig bestaunt. Sie kam sich vor, als wäre sie aus Versehen auf einer Theaterbühne gelandet, da gibt es oft solche abstrakten und grell bunten Gewänder. Sicher kam sie diesen Gestalten genauso so seltsam vor.
Dann war der Spuk vorbei und Ulrike stand wieder an dem Treffpunkt Haltestelle. Da erblickte sie ihre Freundin, die auf der anderen Straßenseite herumlief. Sie rief nach Inge, und diese regte sich über die Verspätung von Ulrike auf.
“Ich laufe schon eine halbe Stunde hier herum und suche dich, wo warst du denn? Hattest du dich verspätet?”
“Nein, ich stand die ganze Zeit hier:”
“Das glaube ich dir nicht.”

Ulrikes Bruder war umgezogen, aber sie hatte ihn noch nicht besucht. Sie war wieder einmal ohne irdischen Körper unterwegs und fand sich in einem fremden Haus wieder. Da sah sie auch schon ihren Bruder Gerhard stehen und der freute sich mächtig, sie zu sehen. Er nahm sie bei der Hand und zeigte ihr das Haus. Sie staunte über die vielen Zimmer, und ging dann zurück.
Dann besuchte Ulrike mit Heinrich ihren Bruder in seinem neuen Haus und er führte sie herum. Es war das gleiche Haus, indem sie schon gewesen war und sie sagte zu ihm:
“Das hast du mir doch schon alles gezeigt.”
“Nein, das mußt du geträumt haben.”

Februar 1998
Gegen 15 Uhr nachmittags legte sich Ulrike etwas hin. Nach einiger Zeit bemerk- te sie, daß sie doch noch einmal auf die Toilette sollte und wollte aufstehen. Als sie sich umdrehte, um aufzustehen, sah sie jemanden neben ihrem Bett stehen, es war aber nicht Robin. Den kenne ich auch von den Schwingungen her, dachte sie und erschrak, denn dieser Jemand beugte sich über sie und drückte sie ins Bett zurück. Sie wollte aus dem Bett und wehrte sich, es nutzte nichts. Sie verfiel in die Starre und verließ ihren Körper, aber mehr unbewußt. Das mit der Starre hatte sie noch mitbekommen, aber daß sie draußen war, bemerkte sie erst im Wohnzimmer. Sie dachte: Mist, ich muß doch aufs Klo. Sie spürte es ganz deutlich, und nichts wie zurück. Dieser Typ war immer noch da, das jagte ihr Angst ein. Das ging so dreimal hin und her, rein und raus. Endlich konnte sie sich aus der Starre befreien und verließ fluchtartig ihr Bett.

Dezember 1998
Ulrike lag im Bett und wollte schlafen, wie ihr Mann neben ihr. Er schlief un- ruhig und sie wollte ihren Körper nicht verlassen. Trotzdem ging es ein paarmal raus und wieder rein. Da saß wieder so ein Wesen an ihrem Bett und drückte ihr freundlich so eine Art Kugel in die Hand, so groß wie eine Orange. Ulrike hielt diese in ihren Händen, sie war ganz leicht, aber nicht aus Glas. Plötzlich machte es - Kling - und die Kugel zersprang in tausend Stücke. Gleichzeitig überkam Ulrike ein seltsames Gefühl im Herzchakra und das Wesen war weg.

Wiederum lag Ulrike im Bett und hatte das gleiche Problem wie davor (Reizblase). Sie überlegte, ob sie nicht besser gleich gehen sollte, da bemerkte sie, daß jemand neben ihr lag und sich auf sie rollte. Sie wollte das nicht, es nahm ihr die Luft zum Atmen und drückte auf ihre Blase. Ihr erster Gedanke ging an ihren Mann, aber er war es nicht. Sie sah nichts, fühlte nur diese Gegenwart. Plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie neben sich lag. Sie war draußen und lag neben sich selbst. Sie war total verwirrt, hatte sie sich etwa auf sich selbst gelegt? Ging so etwas? Auch fühlte sie keine andere Anwesenheit mehr.

Ulrike lag im Bett und hatte Grippe. Es ging ihr sehr schlecht. Sie ging wieder einmal aus sich raus und ins Wohnzimmer. Dort saß ihre Großmutter, die vor 20 Jahren gestorben war. Sie gab Ulrike einen Tee und verschwand. Ulrike ging wieder zurück und machte sich den Tee, danach ging es ihr wesentlich besser.

Sie lag auf der Couch, es ging ihr immer noch nicht gut. Ihr Mann war auf seiner Arbeitsstelle und hatte das Stück Herd mitgenommen, daß sie abgebrochen hatte. Um 16. 30 Uhr hörte sie ein Geräusch aus der Küche und ging nachsehen. Ihr Mann bastelte an dem Herd herum. Sie rief rüber: ”Was machst du denn schon zu Hause?
Er sah zu ihr, sagte aber nichts. Auch gut, dachte sie und schlief wieder ein. Um 20.30 Uhr kam er endlich nach Hause. Sie fragte ihn:
“Warst du heute Nachmittag zu Hause?”
“Nein.”
“Was hast du um 16.30 Uhr gemacht?”
“Naja, den Teil vom Herd repariert, hab aber dauernd an dich gedacht, wie es dir wohl geht.”

Ulrike besitzt mit ihrer Familie ein Wochenendhaus an der Pfreimd, mitten im Wald. Das ist nahe der tschechischen Grenze. Sie gehen da oft im Wald spazieren und kennen diesen sehr gut. Jetzt gibt es da mehrere Plätze mit riesengroßen Steinen mit Bäumen darauf, die vorher nicht da waren. Ihr kommt das alles sehr merkwürdig vor und sie kann das nicht verstehen, denn solche Plätze tauchen nicht in ein paar Tagen aus dem Nichts auf. Sie sind ein paar Tage später extra noch einmal dorthin gegangen, aber es war alles noch genau so da.

3.9.1999
Ulrike kam abends nach Hause und setzte sich auf ihr Sofa und muß wohl einge- schlafen sein, denn es war ein anstrengender Tag. Als sie erwachte, saß sie an der Pfreimd, auf der Bank vor ihrem Haus. In dem Aufenthaltsraum brannte Licht und neben dem Baum vor dem Haus stand ein silberfarbenes Auto, ein Golf. Sie war etwas irritiert und ihr war ziemlich seltsam zu Mute, denn vor ihr lagen ihre Zigaretten, etwas weiter vorn ein Glas mit heller Limo. Sie war sich nicht sicher, war sie draußen oder in ihrem Körper und zündete sich eine Zigarette an. Sie war erstaunt, daß sie rauchen konnte, denn das hatte noch nie funktioniert, wenn sie ohne Körper unterwegs war. Dann kam ihr die Frage, wer wohl da genau vor der Haustür parkte und was war mit der Luft los? Dann diese Stille, es war kein Laut zu vernehmen. Sie fühlte nicht die leichteste Luftbewegung, obwohl es dort abends immer recht kühl ist, wegen dem Wald und dem Wasser. Sie wollte ans Fenster klopfen, um zu sehen, wer sich da in ihrem Haus aufhielt. Als sie aufstehen und klopfen wollte, begann sich alles um sie herum zu drehen und sie befand sich wieder in ihrem Wohnzimmer.