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Re: Abschied und Trauerarbeit

myrrhe schrieb am 27. Juli 2003 um 13:23 Uhr (462x gelesen):

Liebe Evelyn,
immer, wenn jemand diese Welt verläßt, müssen die
Hinterbliebenen Abschied nehmen und Trauerarbeit leisten. Das
ist bei Ungeborenen genauso wie bei den Allerältesten! Es läßt
sich nicht umgehen!
Mir scheint es, als hättest Du nicht bewußt Trauerarbeit geleistet
damals. Du warst vielleicht auch nicht in der Lage, als
Jugendliche, und ich könnte mir gut vorstellen, daß Du auch keine
wirkliche seelische Unterstützung hattest. Die erneute
Schwangerschaft ist kein Ersatz für die Trauerarbeit! So wie auch
ein neuer Partner kein Ersatz für die Trauerarbeit für den
verstorbenen Partner sein kann. Eines hat mit dem anderen nichts
zu tun!
Ich habe kein Kind verloren, aber meinen Mann. Aus meiner
eigenen Erfahrung würde ich Dir raten, Dich noch einmal ganz
intensiv mit der damaligen Situation auseinanderzusetzen –
vielleicht mit Hilfe eines Therapeuten (bzw. -tin), oder mit einer
sehr verständnisvollen Person in Deiner Nähe. Du kannst auch
alles aufschreiben, was Dir dazu einfällt: alle Gefühle, alle
Gespräche, den Moment der Zeugung, den Entschluß, die
Abtreibung selbst …
Und dann versuche Dich gedanklich mit dem kleinen Wesen zu
verbinden: was möchtest Du ihm heute sagen? sprich mit ihm, wie
mit einem Erwachsenen (denn die Seele ist ja zeit-los!), sag ihm
alles, auch Deine Schuldgefühle … und dann verabschiede Dich
und laß das Kindlein los, dessen Seele ja niemals aus dem
Jenseits gefallen ist, denn so kleine Kinder sind ganz eng mit der
Anderswelt verbunden!
Lausche auch auf Antworten in Dir. Diese mögen ganz anders
ausfallen, als Du es erwartest … sicher sind sie viel tröstender, als
Du denkst! Und vielleicht … ja, vielleicht ist Dein Kindlein ja in
Deinem zweiten Kind wieder inkarniert?
Mache diese Trauerarbeit und die Abschiedszeremonie so oft, wie
Du möchtest, wie Du das Gefühl hast, daß Du noch festhängst.
Alles Liebe und ganz viel Kraft und Licht!
myrrhe

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