Index über Geistergeschichten

 
 

    "Abschied"    


(© copyright, Claudia, 2007 )


ich möchte auch gern ein persönliches Erlebnis für Ihr Ressort „Geistergeschichten“ beitragen:

Ich bin 1993 verwitwet. Mein Mann starb bei einem nächtlichen Unfall sehr plötzlich und unerwartet mit nur 23 Jahren. Am Vorabend der Nacht, in der mein Mann starb, hatten wir uns gestritten. So verstritten, wie wir waren, hat er dann das Haus verlassen, um, wie er meinte, den Kopf frei zu bekommen. In jener Nacht legte ich mich also ohne ihn schlafen, ich ging davon aus, dass er zu seinem besten Freund gehen würde oder einfach nur einige Male um den Block, und dass er dann im Laufe der Nacht schon wieder auftauchen würde (das wäre typisch für ihn gewesen). Demnach machte ich mir keinerlei Sorgen und schlief ziemlich schnell ein.

Mitten in der Nacht, so kam es mir vor, wurde ich dann plötzlich davon wach, dass mein Mann am Bettrand neben mir saß und bitterlich weinte. Ich hatte große Schwierigkeiten, wach zu werden, versuchte aber, ihm tröstend über den Rücken zu streicheln. Daraufhin blickte er mich aus tränenverschleierten Augen völlig fertig an und sagte etwas wie: „Es tut mir so leid, es ist alles aus, ich habe alles kaputt gemacht!“ Ich dachte, er sei total betrunken, denn so schlimm war der Streit nun wirklich nicht gewesen, dass es so eine Verzweiflung rechtfertigte. Ich antwortete ihm in der Art: „Ach was, nichts ist aus, leg dich hin und schlaf, wir reden morgen in Ruhe über alles!“ Daraufhin wurde er jedoch noch viel verzweifelter und rief mir heulend ins Gesicht: “Du verstehst mich nicht, es ist alles AUS!“ Leider war ich nicht in der Lage, darauf weiter zu reagieren, denn eine bleierne Müdigkeit knockte mich regelrecht out in dem Moment und ich schlief einfach wieder ein.

Als ich am nächsten Morgen wieder aufwachte, war von meinem Mann weit und breit keine Spur, sein Bett war unangetastet. Etwas verwirrt suchte ich die ganze Wohnung nach einer Spur von ihm ab, aber nichts, er war nicht da. Ich verstand in dem Moment nur Bahnhof, denn dass er nachts auftauchte und dann noch mal weggegangen ist, konnte ich mir gar nicht vorstellen. Aber ich musste mich zur Arbeit fertigmachen und hatte keine Zeit, darüber weiter nachzudenken, dachte nur, er ist vielleicht schon zur Arbeit und es wird sich abends schon alles aufklären. Aber als ich von der Arbeit wieder nach Hause kam, war auf dem Anrufbeantworter der Chef meines Mannes, der fragte, wo er denn bleibe. Als ich in seiner Firma anrief, stellte sich heraus, dass mein Mann unentschuldigt fehlte. Das passte nun GAR nicht zu ihm, sofort machte ich mir große Sorgen. Ich rief jeden an, den wir kennen, aber niemand hatte meinen Mann gesehen oder ihn gesprochen, niemand wusste, wo er war. Ich rief schließlich in meiner Verzweiflung die Polizei an, weil ich einfach nicht wusste, was ich machen sollte, und dort erfuhr ich dann, dass nachts gegen 23 Uhr ein junger Mann in der Stadt überfahren worden ist, der keine Papiere bei sich trug, und auf den meine Beschreibung passte. Es war mein Mann, er war zu der Zeit, als ich ihn weinend an meinem Bett sitzen sah, schon längst tot gewesen. Und erst jetzt verstand ich, warum er da so verzweifelt war und was er mir mit seinen Worten „Es ist alles aus!“ WIRKLICH hatte mitteilen wollen.

Jeder, dem ich diese Geschichte erzählt habe, guckt mich halb mitleidig, halb ungläubig an. Ich weiß nicht, ob man mir das glaubt oder vielleicht denkt, es sei Wunschdenken oder Einbildung, aber bis heute, fast 14 Jahre danach, ist dieses Erlebnis für mich eine der realistischsten Erinnerungen, die ich in meinem Kopf mit mir herumtrage. Und sie tröstet mich, denn ich weiß, dass nur die starke Liebe, die meinen Mann und mich verband, ihm so viel Kraft und Willen nach seinem plötzlichen Tod geben konnte, sich mir in jener Nacht als „Geist“ zu zeigen und mitzuteilen.

Viele liebe Grüße
Claudia