Index über Geistergeschichten

 
 

    "Der Professor"    


(© copyright, Michaela, 2012 )

Ich war nun knapp vier Jahre mit Heinz, meinem vorigen Lebenspartner zusammen. Er wusste und akzeptierte bereits, dass ich hellsichtig bin. Anfangs hielt er das für Humbug, doch die Erfahrung damit ließ ihn diese Vorbehalte ablegen. Er erzählte mir auch, öfter singende und spielende Gestalten auf seinem früheren Nachbargrundstück zu sehen. Natürlich wunderte er sich, dass niemand sonst so etwas wahrnahm. Er glaubte verrückt zu sein. Langsam tastete ich ihn an Eigenerlebnisse heran. Seine Skepsis schien zu weichen, und er erzählte, dass er damals als Anwärter zum Ninjakampf einen Meister hatte, der die Schüler auch solche Dinge lehrte. Doch das war in den Hintergrund gerutscht, weil Heinz sich ganz anderen Dingen gewidmet hatte. Ich fasste den Entschluss, ihm Gnömel vorzustellen. Heinz war also der zweite Mensch in meinem Leben, der von Gnömel wissen sollte. Die erste Vertrauensperson dieser Angelegenheit war eine Schulfreundin, die ebenfalls einen Begleiter hatte.

Heinz begann also seine Wahrnehmung von früher wieder zu schärfen. Skepsis und Vertrauen wechselten einander ab. Doch dann passierte etwas Ungutes, dessen Tragweite ich gar nicht bedachte. Heinz wurde so eifersüchtig, dass er Gnömel weg zu jagen versuchte. Heinz glaubte tatsächlich, nicht mehr die Nummer Eins zu sein. Er konnte meine Liebe zu Gnömel nicht ertragen. Ich erinnerte ihn daran, was seine eifersüchtigen Mitmenschen mit ihm angerichtet hatten, doch es schien zwecklos. Du kannst Dir sicher vorstellen, dass ich immer unzugänglicher wurde. Ich entschuldigte mich bei Gnömel. Verständig sagte er ruhig: "Er weiß nicht, wo er steht, ich schon." Er lächelte in sich hinein. Heinz fühlte, dass ich traurig war und ihm zu entgleiten drohte. Das veranlasste ihn, Hilfe zu suchen. Davon erzählte er mir erst später.

Er suchte also einen Berater, den er auch fand, und das war so:
Heinz ging in die Bibliothek der Bochumer Uni, um nach einem Parapsychologen oder ähnlichem Mitarbeiter zu suchen. Ein Bibliothekar erklärte ihm, dass es das Fachgebiet für Parapsychologie in Bochum nicht gäbe. Doch der gute Bücherwurm gab nicht auf. Er blätterte die Liste der theologischen Professoren durch, und dort wurde er fündig. Professor x, Theologe mit Schwerpunkt okkulte Phänomene und Drogenberatung stand auf einer der Listen. Also wagte Heinz, den Theologen aufzusuchen, mehr als ungläubig reagieren und rausschmeißen konnte der ihn ja nicht. Im Folgenden rekonstruiere ich seine Erlebnisse, so gut es aus seinen Beschreibungen möglich ist. Mit jener Listenkopie in der Hand, suchte Heinz auf dem Gang nach dem Sprechzimmer des Professors. "Suchen Sie jemanden?" sprach ihn jemand an, den er nicht bemerkt hatte. Er erklärte, wen er suchte. "Der Professor bin ich. Was kann ich für Sie tun?" Beide betraten ein kleines Zimmer. Zu seiner Verwunderung bot der Professor ihm guten Wein an. Er war ein älterer Mann mit Anzug, einem stechenden Blick und einer Engelsruhe. Dem Heinz fiel ein Bild der Klosteranlage Benedikt-Bäuren auf. Er kannte und liebte das Kloster. Und somit kamen die beiden ins Gespräch. Professor x berichtete, dass er evangelischer Theologe sei und im Kloster viel seltenes Wissen gesammelt wurde. Nun traute sich Heinz, ihm sein Anliegen zu berichten. Sein Gegenüber hörte ruhig zu, ohne eine Mine zu verziehen. Dann meinte er: "Sie sehen so sportlich aus. Haben Sie mal Kampfsport betrieben? Dieses Wesen, ist es ein Gnom?" Dem armen Heinz blieb fast die Luft weg. "Woher wissen Sie das?" "Weiß ich doch nicht. Ich kann es eben", lächelte der Professor, dessen Augen den Heinz nicht mehr losließen. Der Professor sprach nun weiter: "Die Beiden kennen und lieben sich schon sehr lange. Ihre Freundin ist blind und hat daher eine andere Wahrnehmung, die ihr solche Welten und Wesen näher bringt. Der Gnom hat damals eine Art Sehnsuchtsruf empfangen. Und Gleiches zieht dort gleiches an. Das ist Gesetz. Sie werden bemerkt haben, dass der Gnom Sie nicht angreift oder Besitzansprüche an ihre Freundin stellt." Das bejahte Heinz. Der weltoffene Theologe merkte auch an, dass der Gnom dem Heinz geholfen haben müsse. Auch das stimmte. Heinz hatte mal ein wichtiges Dokument verlegt, das wie von Geisterhand aus einem Papierstapel vor seine Füße fiel. "Wenn sie so weiter machen, werden Sie ihre Freundin verlieren. Was bringt ihnen das? Die beiden wollen Sie nicht ausstoßen. Also lernen Sie doch mal, sich in die zwei zu versetzen. Ich versichere ihnen es sind zwei treue Weggefährten. Schauen Sie wieder in glückliche Augen, und teilen Sie die Freundschaft. Statt der Angst, nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen, werden drei Wesen mit all ihrem Tun zusammenwirken. Und außerdem, hören sie bitte das Saufen auf! Das bringt Sie noch um." Der arme Heinz! Er wusste gar nicht wie ihm geschah. Der Professor hatte ihn durchschaut. Er wusste nicht mehr, was er sagen sollte. Schnell verabschiedete er sich höflich dankend. Ich ahnte wie gesagt nichts davon. Mir fiel auf, dass Heinz immer zugänglicher und freundlicher wurde. zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass er sich mit Gnömel befreundete. Und das ist auch heute so. Dann berichtete er von der Begegnung mit dem Theologen Böhm.

Freudig rannte ich zum Telefon und rief bei der Uni an. Doch was war das? Niemand kannte den Gastprofessor x. Der ist wie vom Erdboden verschluckt! Er hatte Heinz beim Abschied noch angedeutet, dass er zu einer anderen Uni gerufen wurde. außerdem würde er noch Projekte mit Parapsychologen, Mönchen, Yogis und anderen Fachkräften durchführen. Er sei ständig unterwegs. Der Unibibliothekar konnte sich zwar noch erinnern, fand aber den Namen nicht mehr. Meine Suche blieb erfolglos. Er hatte uns gerettet, und ich kann mich nicht mal bedanken! Heinz hat nach einem weiteren Rückfall den Alkohol aus dem Leib gelassen. Der Herr hat ganze Arbeit geleistet. Selbst im Internet finde ich keine Spur von ihm. Da stellt er doch tatsächlich einem Alkoholiker einen guten Brandwein hin. Der hat nur zwei Schluck getrunken!