Index über Geister

 
 

    Opas Geschichten, 2    

© copyright Ralf, 2000


Im Jahr 1975, kurz vor meiner Geburt, fuhr mein Großvater wie üblich mit seinem Fahrrad durch die Gegend, um wie er sagte zu einem Treffen mit Freunden an diesem Tag. Jedenfalls war der Weg lang und führte durch ein abgelegenes Waldstück, das etwa auf der Hälfte der Strecke lag. Diesen Weg fuhr er oft auch in frühen Morgenstunden, da sich in der anderen Stadt auch sein Arbeitsplatz befand. Doch an diesem Abend sollte er sein Ziel bei den Freunden nicht erreichen.

Er fühlte sich schon vor der Abfahrt müde und etwas träg durch eine Unruhe, die er nicht erklären konnte. Als er dann kurz vor Beginn des Waldweges war, kam ein starker Wind auf und etwas Nieselregen, wie er sagte; doch durch seine Unachtsamkeit beim Fahren fuhr er über einen kleinen Ast, der auf der Straße lag und es kam zum Sturz, bei dem er sich das Bein brach und somit große Schmerzen hatte. Er wußte, dass frühestens am nächsten Morgen der nächste Mensch auf dem Weg zur Arbeit diesen abgelegenen Waldweg laufen würde. Nun es war mittlerweile dunkel geworden und mein Großvater lag mit großen Schmerzen an der Seite des Waldweges. Alles Rufen und Beten war jetzt zwecklos- das Blut, das aus dem ausgestreckten Bein floß, hatte schon den ganzen Weg bedeckt.

Um so mehr Blut er verlor, desto schwindeliger wurde es ihm. Kurz vor der Bewußtlosigkeit, als er schon den Glauben auf ein Weiterleben aufgab, sah er in seinem schwindeligen Zustand eine große schwarze Gestalt, die auf in zu kam und schließlich vor ihm stehen blieb. Mein Großvater bat natürlich gleich um Hilfe, was er bekam war eine ausgestreckte Hand, die ohne jedes Wort oder Geste ihm die Hilfe gab, die er brauchte. Mit der Hand um die Schulter der Gestalt gelegt humpelte er die 1000 Meter zurück zum nächsten Haus, das kurz vorm Anfang des Waldes war. In dieser Zeit hatte mein Großvater weder die Kraft etwas zu fragen, noch den Mut es anzusehen, oder die Zeit sich zu bedanken als sie angekommen waren. Die Leute des nächsten Hauses sahen ihn sofort und rannten hin um ihm zu helfen. Er fiel dann in den Armen der Leute zusammen, und wachte Stunden später mit der schon verpflegten Wunde im Bett der Leute auf, die er nur vom Sehen her kannte.
Er fragte, wo der dunkle Mann sei, der ihm half. Als Antwort bekam er nur, dass er ohne jede Hilfe hergelaufen sei. Doch mein Großvater wußte genau, dass ihm jemand half. Er wußte auch, dass es nicht möglich war eine solche Strecke ohne Hilfe mit gebrochenen Bein zu laufen wie er später erfuhr.

Also gingen die Leute und er im Morgengrauen zurück zum Fahrrad, wo sich die mittlerweile schon eingetrocknete Blutlache befand und suchten nach Spuren auf dem Weg. Alles was sie fanden war die Blutspur, die er bis dorthin trug und der Abdruck von seinem rechten ungebrochenen Fuß, der immer in Abständen von einem halben Meter zu sehen war. Doch das konnte nicht sein, mein Opa war am Ende der Kräfte gewesen, kurz vor der Bewußtlosigkeit.

Niemand weiß bis heute genau was in jener Nacht passiert ist, doch seither geht in dieser Gegend die Sage von dem schwarzen Phantom um. Es gab auch noch weitere Personen, die später von der Sichtung der Gestalt berichteten-

Einige Jahre später, schon Anfang der 80er Jahre, hörte dann aber mein Großvater von einem Mann, der Anfang der 30er Jahre in genau diesem Waldstück eine Frau ermordet haben soll, aber nie gefunden wurde, nur die Leiche der jungen Frau die niemand kannte-

Ich persönlich denke heute, dass es da einen Zusammenhang gibt, bei der Geschichte meines Großvaters und dem Mord in den 30er Jahren. Möglicherweise mußte der Mörder bzw. die Gestalt, die meinem Großvater half, seither seine Schuld für den Mord abtragen und Menschen in Not helfen. Das ist natürlich nur eine Theorie, denn dagegen spricht, dass der Geist niemals zur Materie werden kann- aber die Geschichte die er erzählte, ist in jedem Punkt wahr-
Ralf