Index über Geister

 
 

    "Schritte"    


(© copyright, 2002; T.I.)


Hi Alfred,
ich habe letzte Woche zum ersten Mal eine Geister-Seite im Internet entdeckt und auch rund 30 Geisterstories gelesen. Irgendwie fasziniert mich das Thema und so ein bisschen habe ich mir gewünscht auch mal einem "Geist" in irgendeiner Form zu begegnen. Noch in derselben Woche sollte das wahr werden, und dann fand ich es plötzlich gar nicht mehr so lustig...

Über das Wochenende fuhr ich mit meinem Mann in die Schweizer Berge. Dort konnten wir in der Ferienwohnung einer Bekannten übernachten. Mit ihr haben wir uns vor über einem Jahr mal bei einem Abendessen über Gespenster unterhalten und da erwähnte sie, dass immerwieder merkwürdige Schritte in ihrer Wohnung zu hören seien. Jemand, der auf dem Holzboden quer durch das Zimmer läuft. Auch ihr Hund, ein Bernadiner, nahm dieses stets wahr, wie sie an seinem Verhalten ablas.

Nun, am Samstag waren wir in besagtem Schweizer Chalet. Wir hatten dort schon sehr oft übernachtet - aber es war nie etwas ungewöhnliches passiert. An diesem Abend sollte alles anders sein. Mein Mann war eingeladen zu einem Männerabend. Ich durfte nicht mit und wartete in der Ferienwohnung. Unsere Bekannte, der das Haus gehörte, befand sich zu diesem Zeitpunkt in St. Gallen, wo sie das Wochenende verbrachte.

Um 18.30 Uhr fuhr ich meinen Mann zu dem Männertreffen, dann kehrte ich zurück. Ich schaltete den Fernseher ein, weil ich Lust hatte ein Quizsendung zu sehen. Erst war alles ganz normal. Aber gegen 20.00 Uhr vernahm ich ganz eindeutige Schritte genau über mir. Ein fester, lauter Gang quer durch das Zimmer. Ich hatte oft genug hier übernachtet, dass ich genau wusste, wie soetwas klingt. Nur - ich war allein im Haus. Die Schritte gingen weiter. Ich konnte richtig spüren an welcher Stelle sich die entsprechende Person über mir befunden haben muss. Ein kalter Schauer rann mir über die Haut und mein Herz begann zu rasen. Ich musste wieder an die Geschichte mit dem Geist denken. War er jetzt da? Oder war meine Bekannte frühzeitig zurückgekommen? Ich hob den Telefonhörer ab und wählte ihre Nummer. Leise konnte ich es im Stockwerk über mir klingeln hören - aber es nahm niemand ab. Auch schienen die Schritte keineswegs auf das Klingeln zu reagieren. Sie verstummten.

Mein Puls raste, ich drehte die Lautstärke des Fernsehers lauter und nahm wieder Platz. Ich hoffte, mein Mann würde sich demnächst mal telefonisch melden. Das Telefon blieb still aber die Schritte über mir kamen zurück. Ich grübelte und suchte nach einer "natürlichen" Erklärung. Könnte eventuell der Bernadiner dafür verantwortlich sein? Ich kannte die Schritte des Hundes und sie klangen ganz anders. Als die Schritte kein Ende nehmen wollten nahm ich meinen Mut zusammen, verliess die Wohnung, schaltete das Aussenlicht ein und blickte zur oberen Wohnung. Vielleicht hatte meine Bekannte ja jemanden beauftragt mit dem Hund Gassi zu gehen und dieser "Jemand" befand sich nun genau in der Wohnung über mir. Aber es brannte nirgends Licht. Ich ging wieder in meine Wohnung und mir war sehr unheimlich, um nicht zu sagen gruselig zumute. Ich weiss, dass es in alten Holzhäusern zu komischen Geräuschen kommen kann. Ich lebe selbst in einem 500jährigen Haus in der Altstadt einer Schweizer Kantonalstadt. Überall in unserer Wohnung sind Balken. Ich kenne das Geräusch, wenn ein Balken ein Riss bekommt oder ähnliches. Aber das war es nicht - es waren eindeutig Schritte!

Plötzlich hörte ich eine Art Knall in der Wohnung über mir. Etwa so, als wenn jemand aus zwei Meter Höhe ein dickes Lexikon auf den Holzboden fallen lässt. Ich fühlte mich immer unbehaglicher und hoffte mein Mann würde endlich anrufen. Aber das Telefon blieb stumm. Die Uhr ging langsam auf Mitternacht zu. Seit vier Stunden dauerte der Horror an. Er kam immer Schubweise: ca fünf Minuten Geräusche und dann wieder 10 Minuten Ruhe. Ich versuchte mich mit Fernsehschauen abzulenken, aber dennoch begann mein Puls mit jedem unerklärlichen Geräusch zu rasen. Als nächstes kamen Geräusche, als wenn über mir Holzstühle auf dem Holzboden quer durch den Raum gerückt werden würden. Einmal klang es so, als wenn eine ganze Kommode oder ein Schrank verrückt würde. Wer -oder was- war über mir am Möbel verrücken?

Gegen 1.00 Uhr langte es mir. Ich hielt es kaum noch aus und beschloss das Haus zu verlassen und in das Hotel, in dem sich mein Mann befand, zu fahren. Kaum hatte ich den Mantel angezogen und mich der Wohnungstür genähert krachte es oben wieder wie verrückt. Durch das Fenster bemerkte ich, dass jemand die Lampe vor meiner Tür ausgemacht hatte. Ausserdem hatte ich das Gefühl, dass jemand vor meiner Fensterfront entlanglief. Aber das kann ich weder durch akustische oder visuelle Erscheinungen bestätigen, es war lediglich ein Gefühl und daher sehr subjektiv. Als es über mir wieder zu poltern anfing schloss ich die Tür ab und zog mich auf das Sofa vor dem Fernseher zurück. Was zum Teufel ist das?

Es wurde langsam 2.00 Uhr. Mein Mann meldete sich immer noch nicht, sein Handy war die ganze Zeit ausgeschaltet, ich versuchte natürlich mehrfach ihn zu erreichen. Das Poltern über mir ging in den gewohnten Schüben weiter und langsam glaubte ich den Berichten, dass ganz normale Menschen in Spukhäusern wahnsinnig werden könnten. Der Gedanke das Haus zu verlassen und die dunkle lange Treppe vor dem Haus und den anschliessenden Hügel hinunter zu laufen, um zum Parkplatz mit meinem Wagen zu kommen gefiel mir überhaupt nicht. Hätte mir in diesem Moment jemand 100.000 Franken geboten, wenn ich in den ersten Stock gehe und nachschaue, wer (oder was) dort hin- und herspaziert, hätte ich abgelehnt. Es war der blanke Horror!

Gegen 3.00 Uhr meldete sich mein Mann. Er fragte, ob ich ihn abholen könne. Ich sagte, dass hier einige merkwürdige Dinge im Haus vor sich gehen und ich im Moment Angst hätte, das Haus zu verlassen. (Wohlgemerkt: das Haus verlassen hätte ich natürlich gerne, aber ich wollte nicht den dunklen Hügel hinablaufen). Mein Mann sagte, es regne in Strömen und zu laufen wären es 3 km. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, verliess das Haus, ging den unbeleuchteten Hügel hinunter und atmete erleichtert auf, als ich unseren Mercedes erreichte. Mein Puls raste noch immer. Ich fuhr langsam mit 25 km durch den Ort und gabelte meinen Mann knapp drei Kilometer von dem Spukhaus auf. Ich erzählte ihm, was ich in den vergangenen 7 Stunden durchgemacht hätte. Er hatte keinen Grund an meinen Schilderungen zu zweifeln. Vom Parkplatz aus blickten wir 5 Minuten zum Haus hinauf und versuchten etwas Merkwürdiges auszumachen. Aber es sah aus wie immer. Gemeinsam mit meinem Mann betrat ich wieder die Ferienwohnung. Irgendwie hoffte ich, es würde nun nochmal trampeln - aber die Schritte und auch die sonstigen Geräusche waren plötzlich verstummt.

Am nächsten Tag fuhren wir zurück nach Hause. Abends kehrte unsere Bekannte aus St. Gallen zurück und ich rief sie an. Ich wollte wissen, ob der Bernadiner zuhause gewesen sei und sie irgendeinen Nachbarn beauftragt hätte, abends nach dem Hund zu schauen. Sie verneinte, wenn sie für mehrere Tage das Haus verliesse, liesse sie den Hund nie allein daheim. Im Haus seien nur wir gewesen - höchstens noch Edgar...

Wer ist Edgar? Edgar ist ihr Hausgeist. Er lebte vor vielen Jahren in dem Alpenchalet und starb genau in dem Zimmer über dem ich mich aufgehalten hatte. Seitdem läuft er in unregelmässigen Abständen -unsichtbar, aber gut hörbar- durch die Wohnung im ersten Stock. Meine Bekannte war sehr erleichtert, dass ich ihn nun auch kennen gelernt hätte. Als ihr Mann auf für mehrere Wochen in Amerika war, hörte sie ihn jeden Abend und sei vor Angst beinahe vergangen - aber sobald ihr Mann zurückkam sei Edgar wieder verstummt. "Er rührt sich nicht sobald sich ein Mann im Haus befindet.", klärte mich meine Bekannte auf.

Eine unglaubliche Geschichte? Vielleicht, aber ich schwöre, sie hat sich genau so vor weniger als 48 Stunden ereignet.