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Die Kunst des Handlesens (*)
Hexentanz (eine Geschichte)
Blaze schrieb am 28. Dezember 2002 um 1:22 Uhr (393x gelesen):
Hexentanz (von Stefan Voigt)
Der Himmel über Albury verschwamm in dichten Nebelschwaden als der Scharfrichter den Reisighaufen entzündete. Langsam griffen die Flammen auf die massiven Äste des Scheiterhaufens über. Die Frau am Schlagpfahl fing an zu schreien. Der versammelte Mob brüllte zurück und bewarf die Frau mit Jauche aus den Gassen. Der Schrei wandelte sich bald in ein erstickendes Keuchen. Die Flammen züngelten genüsslich an ihrem zerrissenen Kleid hinauf. Blasen bildeten sich auf der geschwärzten Haut und zerplatzten sogleich. Das Volk brüllte immer lauter, fast ekstatisch. Das Opfer am Pfahl wurde still, Ohnmacht hatte sich über ihren kochenden Leib gelegt...
An einem Nachmittag des Jahres 1593 ritt ein edel gekleideter Mann von Johnston nach Albury, sein Name war Peter de Gardac. Er war Bote des Bischoffs von Johnston und hatte dringende Nachrichten zu übergeben. Seine Reise endete jäh, als der Rappe über eine Wurzel stürzte und Peter knapp 10 Meter durch die Luft geschleudert wurde.
Als er wieder erwachte, blickte er an die Decke eines kleinen Blockhauses. Schmerzen durchzuckten seinen ganzen Leib. Kühlend streichelte eine Hand über seine Stirn. Er versuchte sich aufzurichten, die Schmerzen zogen ihn jedoch sogleich wieder in das Bett zurück. Das Gesicht einer jungen Frau mit langen blonden Haaren, schob sich in seinen Blickwinkel. „Ihr seid wach?“ flüsterte sie lächelnd. Peter schaute sie verwirrt an. „Ich habe euch im Wald gefunden, ihr seid vom Pferd gestürzt“. Langsam erinnerte er sich wieder an den Unfall. „In einigen Tagen solltet ihr wieder auf den Beinen sein, ich habe eure Wunden gepflegt.“. Peter lächelte der Frau dankbar zu und schloss seine Augen. Der erschöpfte Körper fiel sofort wieder in tiefen Schlaf.
In der folgenden Nacht quälten Peter die fürchterlichsten Alpträume. Er befand sich in einem Kreis nackter Leiber, welche sich wild in sexueller Begierde wanden. Blitze zuckten durch seinen Körper, irgendetwas hielt ihn von hinten. Als er ängstlich den Kopf wendete wurden seine schlimmsten Befürchtungen war. Ein riesiger Ziegenbock schob genüsslich seinen Schwanz in Peters Hintern. Luzifer selbst hatte sich dem Boten angenommen.
Brüllend erwachte er aus seinem Schlaf. Augenblicklich legten sich zwei Hände auf seine Schultern und pressten ihn sanft in das Bett. Zitternd und schweißnass blickte Peter hinauf zu der Frau. „Ich gab euch Alraun gegen die Schmerzen, leider beschert es schlechte Träume“, sagte sie beruhigend und streichelte ihn zärtlich zurück in den Schlaf.
In der kommenden Woche hatte Peter noch oft Alpträume, langsam erholte sich jedoch sein Körper. Die Schmerzen verschwanden allmählich. Rührig pflegte die Fremde ihn während dieser Zeit. Sie fütterte und wusch ihn, wechselte mehrmals täglich die Kräuterpflaster. Als Peter mit Hilfe von zwei Stützen wieder einigermaßen gehen konnte, brach er in das nahe Albury auf. Freundlich bedankte er sich bei der Frau und versprach sie für ihre Mühen zu entlohnen.
Zwei Tage später war er zurück und überbrachte der Frau ihren Lohn, in Form der bischöflichen Garde. „Ist das des Luzifers Hure?“ fragte ein schwarzbekleideter Mann in Peters Richtung. Dieser nickte leicht ohne auf die Frau zu blicken. Der Mann packte sie bei den Haaren, „du stehst unter Anklage der heiligen Inquisition, jenen gottesfürchtigen Mann hast du mit deinen satanischen Salben verpestet“. Zwei Gardisten legten sie in Ketten und schleppten sie davon.
... Als die Sonne im Horizont versank, erlosch auch das Feuer. Glühende Asche wurde langsam vom Wind fortgetragen. Die tobenden Leute spuckten in die sterbende Glut, bevor sie den Heimweg antraten. Eine weinende Seele schwebte über der Stadt und wurde unaufhaltsam immer weiter in den Himmel gezogen. Gleißendes Licht brach ein Tor in die Wolken und führte die Seele in eine riesige Halle. In der Mitte kauerte ein schluchzender Mann, die Hände trauernd über dem Gesicht gefaltet. Die Seele der Frau ging auf ihn zu und streichelte sein Haupt. Schüchtern quoll eine Frage über ihre Lippen, „Gott?“.

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Diskussionsverlauf:
- Hexentanz (eine Geschichte) ~ Blaze - 28.12.2002 01:22 (4)