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Hier endlich die Antwort

Dorkas schrieb am 8. Juli 2001 um 11:40 Uhr (495x gelesen):

Liebe Faith!

Hier endlich die antwort, besser spät als nie, nachdem ich gut ausgeschlafen habe.

Faith: Ich finde, um die Definition Hexe einer bestimmten Sparte zuordnen zu können, ist das Gebiet zu
umfassend. Was ist denn dann eine satanische Hexe in deinen Augen auch keine Hexe weil sie den
Alten Glauben nicht verfolgt ?

Dorkas: Eine "satanische Hexe" ist lediglich die Wiedergabe des alten kirchlichen Zerrbildes der Hexen auf moderne Art, und Satanismus ist die Negativkopie von etwas Wertlosem (Christentum). Der Begriff der sogenannten Satanshexen geht zurück auf den Gründer der First Church of Satan, Anton Szandor LaVey und hat keinerlei seriöse historische Grundlage, es sei denn, die Protokolle der Inquisition würden für bare Münze genommen und antichristlich umgesetzt, was dann aber vom religionshistorischen Standpunkt immer noch mehr als wacklig wäre.

Der Begriff der Hexe oder "hagazussa", also der, welche auf der Hecke sitzt (der Hag zwischen den Welten) bezeichnet eindeutig die Priesterinnen und Priester der Alten Religion. Religionsgeschichtlich gibt es eine Linie von den Priesterinnen und Priestern der schamanischen Völker in der Steinzeit (siehe auch Höhlenzeichnungen in Altamira und Lascaux, sowie der Fund der Venus von Willendorf) bis zu den heutigen Wicca und deren Verwandten, die ich jetzt nicht nochmal alle aufzähle.
Die Bezeichnung des Hexenkults, also der Religion der Hexen als Urreligion der Großen Göttin, ist gerechtfertigt. Auch archetypisch lassen sich die älteren heidnischen Religionen auf eine Göttin und einen Gott zurückführen. Die nicht personifizierten Prinzipien von Yin und Yang entsprechen dem göttlichen Paar ebenso wie die archaischeren Gottheiten personifiziert z. B. in Cernunnos, Pan, Cernybog und Demeter, Ishtar...

Da Hexen also von Anfang an die Priesterinnen und Priester des göttlichen Paares waren, sind Hexen auch IMMER heidnisch, nicht-dualistisch (religionsphänomenologisch) und auch heute noch in der Ausübung der Hexerei an das HexenTUM gebunden. Alles andere ist eine Beleidigung des Andenkens derer, welche von der Religion der Nächstenliebe vernichtet wurden, weil sie weiterhin der ALTEN RELIGION anhingen. Das Hexentum über Bord zu werfen und als minderwertig zu erachten, um fürderhin andere Dinge unter falscher Bezeichnung durchzuführen, ist die Fortsetzung der Inquisition mit anderen Mitteln.
Niemand, der außerhalb des Kontextes der Alten Religion Magie betreibt, kann Hexe oder Hexer sein. Hexe zu werden verlangt viel Fleiß, Lernen, Selbstüberwindung, Reflexion und Transformation, aber auch ein Herz für die Mitmenschen (ich z. B, helfe hexisch auch durchaus Menschen aus anderen Richtungen), und unbedingte Naturverbundenheit. Es ist niemandem gedient, wenn alles in einem grauen, widerwärtigen Einheitsbrei aufgeht.

Magisch tätig zu sein ist nicht an das Hexentum gebunden, aber dann sollte man auch die dinge beim Namen nennen. Ein Bön ist nunmal ein Bön, eine Hexe ist Angehörige/r der PriesterInnenschaft der Göttin und des Gehörnten und ein Satanist ist ein Satanist. Hund und Pferd verpaaren sich nicht, um ein Beispiel zu bringen.
Hexentum, also die Alte Religion, z. B. mit Christentum zu vermischen, wäre, als wenn jemand versuchen würde, einen degenerierten athmatischen Yorkshireterrier mit einem Shirehorse zu verpaaren.

Faith: Ich finde man sollte und ,als die die den alten weg gehen eher als Heiden bezeichnen. Natürlich sind wir dann noch Hexen aber wir verfolgen einen bestimmten glauben und deshalb nennen wir uns dann Heiden. Fände ich persönlich einfacher.

Dorkas: Das würde die Sache noch verkomplizieren. Hexen sind nun mal eine eigene Richtung (welcher der Variationen der alten Religion man auch angehören mag). Heiden ist ein Oberbegriff, keine religionswissenschaftliche Bezeichnung für eine konsistente Gruppe mit annähernd einheitlichen Vorstellungen und Riten. Und beileibe ist auch nicht jeder Heide ein Hexer. Im Gegensatz zum Hexentum gibt es bei den anderen Gruppen immer die Unterscheidung zwischen Laien und Priesterschaft. Nicht jeder Asatru oder Vanatru ist z. B. ein Godhi, und echte Druiden gibt es eh nicht mehr. Hexen sind zwar de facto heidnisch, weil sie naturreligiös sind, aber ein Umkehrschluß wäre falsch. So, wie zwar jeder Husky ein Hund ist, ist aber nicht jeder Hund ein Husky. Der Goldfisch ist zwar ein Fisch, wie der Hai auch einer ist, aber jetzt Goldfisch und Hai gleichzusetzen wäre absolut falsch. Anderes Beispiel: Napoleon war ein Mensch. Du bist auch ein Mensch. Bist Du deswegen Napoleon?
Man kann Hexen nicht auf das Naturreligiöse reduzieren, man darf es aber auf keinen Fall außer Acht lassen. Sollen wir das, was bis heute gerettet worden ist und was wir wiederfinden, einfach in den Dreck treten, nur weil es ein paar inkonsequenten und religionshistorisch ungebildeten Konsumkindern der Everything goes - Gesellschaft nicht paßt? Niemals.
Bei anderen Gruppen mag das magische Wirken und das Religiöse unter Umständen getrennt sein (wobei aber auch dort jeweils das eine das Andere beeinflußt, eher subtil), aber bei Hexen ist es nunmal Fakt, daß Beides untrennbar zusammenhängt. Ich bin froh, daß Gerald Brosseau Gardner das Geplänkel hier nicht mehr mitlesen muß.

Eine Vereinfachung kann manchmal bewirken, daß man es sich zu einfach macht, anstatt zu dem zu stehen und das konsequent zu leben, was man IST.

Überhaupt frage ich mich, weshalb jeder sich mit dem Titel Hexe behängen will, wenn die meisten es religionsphänomenologisch gar nicht sind, anstatt sich als "Zauberin", Zeremonialmagierin etc. zu betiteln, wie es ehrlicher wäre. Ich habe das Gefühl, das einige Leute lieber sich und andere wissentlich belügen wollen.

Blessed be,

Dorkas

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