Paranormal

 

Die Zikade

© copyright Alfred Ballabene, Wien, 2008


 

Aus der Küche höre ich lautes Zikadengezirpe.
Ich bin entzückt, trete nah heran und lausche.
Versteckt sitzt sie hinter dem Vorhang.
Ich liebe ihren sommerlichen Abendgesang.
Auch am nächsten Abend singt sie wiederum ihr helles Lied.

Ich habe es lieb gewonnen dies kleine Geschöpf,
hab' Angst, es könnte hier verhungern.
Zart trage ich die Zikade hinaus,
werfe sie in die Luft, damit sie zu den Bäumen fliege.
Aber sie landet zu meinen Füßen,
läuft emsig zurück zur Türe,
auf dem Weg in Richtung Küche,
als wollte sie einzig für mich da sein,
ihr Leben opfern, um mich zu entzücken.

Schweren Herzens schließ ich vor ihr die Türe,
sperre sie aus mit dem Empfinden
ein hohes Geschenk zu missachten.
Doch ich weise sie zurück aus Liebe.
Wollte sie sich für mich opfern?
War ihr meine Freude wichtiger als ihr Leben?
Solche Gedanken kommen mir.
Zurückweisung aus Liebe,
wie oft missverstanden,
wie viele Tränen wurden hierdurch vergossen!
Ich seufze, habe feuchte Augen,
wie schwer fällt es mir auf ihren Liebesgesang zu verzichten.