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Alle Macht den Träumen
Irnann* schrieb am 18. März 2004 um 23:18 Uhr (1135x gelesen):

Alle Macht den Träumen

von Heinz Körner (1997)

Es gab einmal einen Mann namens Robert, der unbedingt sein Bewusstsein erweitern und seine Spiritualität entwickeln wollte, wie er es zu nennen pflegte. Ein gutes und erfülltes Leben im Einklang mit dem Universum sei sein Ziel, so erzählte er oft. Er träumte insgeheim davon,irgendwann sogar als großer Meister bewundert zu werden. Also las er zahllose kluge Bücher, besuchte Vorträge und Seminare und befragte alle weisen Frauen und Männer, von denen er erfuhr.
Eines Tages wurde ihm zugetragen, dass in seiner Nähe eine geheimnisvolle Frau lebe, Wolfsfrau genannt und von vielen wohl auch deshalb als Hexe bezeichnet, weil sie Ratsuchende nicht nur durch besonders kluge Antworten verblüffe und erfreue, sondern sie hin und wieder auch einfach nur veralbere oder in unlösbaren Rätseln spreche. Näheres wisse man nicht über sie, außer dass sie blind sei und mit zwei Wölfen lebe. Robert machte sich unverzüglich auf, diese Frau zu besuchen. Sie wohnte in einer alten Mühle, direkt neben einem Wasserfall am Rande der Stadt. Die Mühle muss auf Besucher tatsächlich wie ein Hexenhaus wirken, dachte Robert. Und als er endlich dieser Hexe gegenübersaß, war er doch ziemlich verwirrt, zum einen wegen der beiden Wölfe, die friedlich, aber wachsam neben ihr saßen und ihn misstrauisch beäugten, zum anderen, weil er ein weises, aber altes Weib erwartet hatte und keine geradezu unverschämt attraktive junge Frau. Die Wolfsfrau lachte ihn offen und in einer direkt aus ihrem Herzen kommenden Art an, und er bemerkte, dass sie wirklich blind zu sein schien. "Was führt dich zu mir, mein Freund?" fragte sie mit einer Fröhlichkeit, die Robert in dieser Situation gänzlich unangemessen erschien. Er räusperte sich und bat darum, erst einmal eine persönliche Frage stellen zu dürfen: ob sie denn tatsächlich blind sei? "Geht es dir etwa auch so wie all diesen Sehenden", antwortete sie, "die trotz ihrer gesunden Augen blind sind oder aber ihren eigenen Augen nicht trauen?" Robert schluckte und meinte, er habe sich nur vergewissern wollen. Sie nickte. "Also bist du dir deiner eigenen Wahrnehmung nicht sicher." Er widersprach, vielleicht eine Spur zu energisch, und wies darauf hin, dass er sowieso wegen ganz anderer Dinge gekommen sei und weder ihre noch seine Zeit mit solchen unsinnigen Plänkeleien vergeuden wolle. Sie schwieg. Und hätte er sie in diesem Augenblick angesehen, wäre ihm das leicht spöttische Lächeln nicht verborgen geblieben, das über ihr Gesicht huschte. Statt dessen drehte er sich bedächtig eine Zigarette, was aus seiner Sicht Intellekt, Nachdenklichkeit und eine gewisse Gelassenheit signalisieren sollte, aber wohl eher dazu diente, seine Aufregung und Unsicherheit zu verbergen. Als er die Zigarette fertig gedreht, angezündet und ein paar tiefe Züge getan hatte, begann er: "Ich habe schon so vieles gelesen, gehört und gesehen, dass ich eigentlich keine Fragen mehr haben dürfte. Trotzdem kann einem ja hin und wieder ein Rat nicht schaden." Er hüstelte etwas verlegen und fuhr fort: "Nun wurde mir zugetragen, dass du besonders weise bist und wichtige Ratschläge geben kannst. Vielleicht kannst du mir ja ein wenig bei meiner spirituellen Entwicklung helfen?" Die Wolfsfrau lachte. "Wenn du schon so vieles gelesen hast, dann kennst du sicher die sieben Regeln für ein gutes, ein bewusstes und ein spirituelles Leben, nicht wahr? "Aber natürlich", antwortete Robert nicht ohne Stolz und bemüht, möglichst lässig zu wirken. "Dann haben wir ja schon des Rätsels Lösung!" sagte die junge Frau. "Für dich sind diese Regeln wohl eher ein Buch mit sieben Siegeln."
Robert zog hastig an seiner Zigarette und konnte dabei nicht umhin, die Wolfsgrau mit verstohlenen Blicken zu bewundern- aber das hätte er gegebenenfalls entschieden abgestritten. Sie wedelte sich mit ihrer Hand den Rauch aus dem Gesicht und fuhr unbeirrt fort: "Du solltest diese Regeln nicht nur kennen, sondern vielleicht auch mal versuchen, danach zu leben." Das tue er doch, warf Robert ein, wenigstens im großen und ganzen und soweit er sich dessen bewusst sei. Was er denn noch tun solle? "Soll ich es dir an jeder einzelnen Regel erklären?" fragte sie zurück. "Wenn du meinst, dass es mir hilft und meine Frage beantwortet." "Also gut, das wird aber viel Zeit brauchen", sagte sie, während er noch immer heimlich ihre in der Tat bemerkenswerte Schönheit bewunderte und eigentlich ganz andere Dinge im Kopf hatte. "Fangen wir mit der ersten Regel an", fuhr sie fort. "Sie lautet, wenn ich mich recht entsinne: Achte darauf, dass Nahrung, Umgebung, Freundeskreis, Handeln und Denken gut sind, wenn du Weisheit, inneren Frieden und Erleuchtung suchst. Habe ich recht?" Er nickte begeistert, ohne zu beachten, dass die Wolfsfrau es ja gar nicht sehen konnte, doch auf irgendeine Weise nahm sie es trotzdem wahr. "Warum rauchst du dann?" fragte sie. "Du weißt genau, dass du dir damit nichts Gutes tust. Und es ist auch noch völlig unnötig, denn vom Rauchen kann ja nun wirklich keiner behaupten, dass er dazu gezwungen ist. Sag mir: Was hat das absichtliche und bewusste Vergiften deines Körpers damit zu tun, dass du ein gutes und auch noch spirituelles Leben führen willst?" Verlegen drückte Robert seine Zigarette aus, meinte aber trotzig:: "Du willst doch nicht etwa behaupten, dass die Erleuchtung nur für Nichtraucher reserviert ist?" "Wer bin ich, dass ich das wissen könnte? Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein guter Weg ist, sich selbst zu schaden. Wer nicht einmal die erste und einfachste Regel befolgt, der könnte eigentlich aufhören, nach Erleuchtung und dergleichen zu streben, meinst du nicht auch?"

Eine Antwort wartete sie gar nicht erst ab, sondern fragte, ob er die zweite Regel kenne. Er räusperte sich und sagte, durchaus ein wenig kleinlauter als bisher: "Entwickle Mitgefühl für alle anderen Lebewesen." "Und?" fragte sie spöttisch, als wüsste sie seine Antwort bereits. "Wie steht's damit bei dir? Hast du wirklich Mitgefühl mit anderen Lebewesen?" Robert kraulte etwas verlegen seinen Bart. "Nun ja, vielleicht bin ich noch nicht perfekt, aber ich denke schon, dass ich..." "Papperlapapp" unterbrach sie ihn einfach. "Tust du anderen Menschen niemals unnötig weh, zum Beispiel aus rein egoistischen Gründen? Wie oft redest du andere voller Zorn an die Wand und machst sie gnadenlos nieder? Tötest du niemals Tiere oder lässt sie töten? Ich vermute, dass du noch immer viel zu oft Fleisch isst. Kannst du ...ach, warum frage ich überhaupt? Du weißt es doch alles selbst. Oder etwa nicht?" Er schluckte zwei-, dreimal, denn er wusste genau dass sie recht hatte. Zu gerne hätte er gefragt, woher sie das eigentlich alles wisse, doch im Augenblick fehlte ihm dazu der Mut. Also griff er verlegen nach Tabak und Zigarettenpapier- und ließ es in letzter Sekunde doch sein. Sein heimlicher Blick auf die junge Frau, die ihn immer mehr aus der Fassung zu bringen drohte, erinnert ihn schmerzlich daran, dass es wohl erfreulicher gewesen wäre, sich auf ganz andere und viel angenehmere Weise mit ihr zu befassen. Er bereute es, sie nur wegen einer Frage aufgesucht zu haben, deren Beantwortung ihm jetzt eigentlich gar nicht mehr so dringlich erschien. Doch nun musste er ja wohl den Schein wahren, wollte er sich nicht einer gewissen Lächerlichkeit preisgeben- obwohl er jetzt am liebsten aufgestanden und gegangen wäre, denn zu allem Übel machte ihn die Anwesenheit der beiden Wölfe immer nervöser.

"Die dritte Regel kennst du sicher auch", sprach sie nach einer kleinen Pause weiter. "Hier ist die Rede von einer gewissen Demut und Dankbarkeit. Anderen erzählst du zwar, sie sollten sich nicht so wichtig nehmen, wir alle wären nur Staubkörner im Universum und so weiter. Und du hast durchaus recht damit, mein Freud. Doch wehe, jemand tritt dir mal versehentlich oder absichtlich auf die Füße, kommt dir in deiner vermeintlichen persönlichen Freiheit in die Quere oder nimmt dich nicht so wichtig, wie du es erwartest - dann bist du von Demut so weit weg, dass du auch diesen Punkt getrost vergessen kannst." Er sah sie lange an, nun wirklich ein wenig betroffen, und begann, sich zu wundern. Auch die ein wenig unverfrorenen und doch so reizvollen Gedanken an das, was man mit dieser wunderschönen Hexe alles anstellen könnte, lösten sich langsam in Luft auf.

"Die vierte Regel", so fuhr die junge Frau ungerührt fort, "legt uns Toleranz und Gelassenheit ans Herz. Wenn mein Gefühl mich nicht trügt, dann verstehst du es ganz gut, dich tolerant zu geben und eine gewisse Gelassenheit an den Tag zu legen. Doch sobald du zornig bist, fehlt dir noch immer eine Prise Humor und die nötige Gelassenheit, nicht wahr? Und wenn du den Schwächen anderer gegenüber eigentlich tolerant sein solltest, machst du ihnen viel lieber Vorwürfe, hinter welchen du deine eigenen Unzulänglichkeiten zu verbergen suchst." Sie hielt plötzlich inne, als lausche sie auf ein Geräusch. "Ja", sagte sie dann, "du bist nur dir selbst gegenüber tolerant. Habe ich recht?" Wieder nickte er stumm, ohne daran zu denken, dass sie ihn nicht sehen konnte. Doch auch dieses Mal schien sie es auf irgendeine geheimnisvolle Weise wahrzunehmen. Sah sie ihn, blind wie sie war, vielleicht sogar besser als alle, die ihn mit ihren eigenen Augen sehen konnten?

"Der fünfte Punkt ist sehr schwierig. An ihm scheitern die meisten: Er handelt von Wahrheit und Aufrichtigkeit. Wie oft verschweigst du etwas, um Diskussionen oder Problemen aus dem Weg zu gehen? Wie oft bist du anderen gegenüber keineswegs geradlinig und aufrichtig, wenn du zwischen zwei Möglichkeiten hin und her taktierst, um dir beide offen zu halten? Wie oft belügst du selbst dir nahestehende Menschen und gaukelst anderen etwas vor, um einen persönlichen Vorteil zu erlangen? Und da wunderst du dich, mein Freund, wenn man dir gegenüber misstrauisch wird, dir einmal geschenktes Vertrauen entzieht und deine Worte anzweifelt? Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Lauterkeit, das sind Aspekte der großen Wahrheit, und ohne sie kannst du deine Erleuchtung an den Nagel hängen und dich anderen Dingen zuwenden, die nützlicher und erfolgversprechender für dich sein mögen." Robert schien ein wenig in sich zusammenzusinken. Oder wollte er sich am liebsten nur verstecken, weil sie für sein Empfinden trotz ihrer Blindheit zu viel sah? Doch er konnte es sich nicht verkneifen, nach seinem Tabak zu schielen, der ihm jetzt ausnahmsweise wirklich gut getan hätte. Als habe sie sein Gedanken gelesen und wolle ihn necken, ärgern oder gar noch Schlimmeres, sagte sie gerade jetzt:

"Und nun kommen wir wieder zum Rauchen. Es geht um geistige Klarheit und innere Freiheit, also um die sechste Regel. Große Reden über deine persönliche Freiheit hältst du ja ständig, doch sie dienen allenfalls dazu, deine innere Unfreiheit zu überspielen - wo die doch, wie wir festgestellt haben, dich bereits bei den einfachsten Dingen wie ein Abhängiger verhältst und nicht einmal da frei entscheiden kannst." Sie lachte laut. Beide Wölfe blickten kurz auf. Doch sie schienen nicht allzu beunruhigt und begannen sofort wieder, Robert genau zu beobachten und ihn nicht mehr aus den Augen zu lassen. Die Wolfsfrau schonte ihn nicht: "Du bist nicht einmal hier und jetzt so frei, dieses unsägliche Rauchen aufzugeben. Und was andere Dinge betrifft: Hast du in dir die Freiheit, auf etwas verzichten oder treu sein zu können, dich wirklich zu binden und Verantwortung zu übernehmen? Bist du frei genug, auch einmal deine so geliebte äußere Scheinfreiheit zurückstellen und anderen ihre Freiheit lassen zu können? Bist du... ach was, ich frage und rede schon wieder viel zuviel - du weißt das alles doch viel besser als ich! Nur noch eine Anmerkung zum Thema Klarheit: Das bedeutet, sich über etwas erst einmal in Ruhe klar zu werden, alle Vor- und Nachteile abzuwägen und es dann entweder bleiben zu lassen oder aber mit ganzem Herzen zu tun! Es heißt auch, das Gestrüpp deiner verworrenen Gedanken und Gefühle zu ordnen. Ich fühle, dass du noch zu oft in deiner inneren Unordnung unterzugehen drohst, kein Wunder bei dem vielen Alkohol, den du jeden Abend trinkst."

Robert war jetzt wirklich wütend und hätte ihr gerne so richtig die Meinung gesagt. Als habe er das gespürt, knurrte einer der Wölfe ihn an, während der andere die Ohren noch mehr spitzte. Robert erschrak und zupfte aufgeregt an seinen Bart herum. Doch bevor er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, fuhr die Wolfsfrau unerbittlich fort:

"Und nun die siebte und letzte Regel für ein bewusstes, ein spirituelles, ein gutes und erfülltes Leben: glaube und vertraue! Aber was machst du? Wenn du ehrlich bist, zweifelst du an allem und an jedem - vor allem an denen, die an dir zweifeln, weil sie ein Gespür für deine Unaufrichtigkeit haben. Seltsam: Du befragst Orakel, Hellseher oder solche undurchsichtigen Gestalten wie mich - doch nur, um anschließend alles wieder in Frage zu stellen. Warum vertraust du nicht einfach darauf, dass das göttliche Prinzip in allem und in jedem wohnt, auch in dir?" Es wirkte auf ihn, als nähmen sie und ihre Wölfe ihn lange und sorgfältig in Augenschein, und er wurde das Gefühl nicht los, dass diese Frau ihm tief in Herz und Seele schauen konnte. "Er wird sich schon alles richtig fügen", sprach sie weiter, "auch das, was dir unsinnig erscheint. Vertraue einfach, dann brauchst du nicht mehr zu kämpfen und zu zweifeln, und du sparst deine Kraft für wichtigere Dinge." Dann lehnte sie sich bequem zurück, und es hatte den Anschein, als sei damit das Gespräch für sie beendet. Robert schaute sie lange und nachdenklich an und sagte schließlich: "Vielleicht hast du in dem einen oder anderen Punkt ja wirklich recht, auch wenn es mir nicht leicht fällt, das zuzugeben. Und was soll ich jetzt tun?"

Sie stöhnte. "Denk an die sieben Regeln. Schaff die nötige Klarheit und innere Freiheit in dir, und entscheide in aller Ruhe, was du willst! Möchtest du nach den sieben Regeln leben, gut so- dann tue es aber auch! Wenn du sie nur im Kopf mit dir herumtragen und damit angeben willst, dann lass deine Suche sein, und es ist ebenfalls gut so." "Ich verstehe nicht recht", sagte Robert. "Ich weiß doch, was ich will - ich mache nur hin und wieder noch den einen oder anderen Fehler." einer der Wölfe leckte sich jetzt geruhsam die Pfoten, so als wäre ihm das Gespräch nun doch langweilig geworden. Jetzt lachte sie ihn wieder fröhlich und voller Lebensfreude an. "Kannst du dir vorstellen, dass du dich irrst? Vielleicht willst du gar nicht wirklich nach spirituellem Bewusstsein, Erleuchtung und Weisheit suchen? Könnte es nicht sein, dass du dir das nur einredest, um dich damit von dir selbst und vor anderen interessant zu machen? Vielleicht würdest du viel lieber so weitermachen wie bisher: dich jeden Abend betrinken, pausenlos Zigaretten rauchen, von morgens bis abends große Sprüche klopfen und dadurch andere beeindrucken wollen, damit sie dich für so eine Art Guru halten, ohne dass du jemals wirklich den Weg eines Meisters gegangen bist? Wer auf diesem Weg voranschreiten will, der kennt nicht nur die sieben Regeln, sondern lebt auch danach. Vielleicht macht er dabei Fehler, man wird bei ihm aber immer das Bemühen um ein gutes Leben spüren. Er wird gewiss nicht schon an den geringsten Kleinigkeiten scheitern. Doch wer es insgeheim gar nicht will, der wird es auch niemals schaffen." "Und was soll ich jetzt tun?" fragte Robert leise.

"Lass deine Träume endlich frei!" sagte sie. "Gib deinen Träumen alle Macht! Träume nicht nur, tu es - denn es könnte ja genau das richtige für dich sein! Willst du wirklich Erleuchtung, dann träume nicht von ihr, sondern finde sie! Willst du lieber etwas anderes, dann mach das! Wie auch immer- es wird für dich gut und richtig sein, wenn du nicht nur träumst. Und du wirst deinen Ziel näher sein als jetzt, wo du glaubst, fast schon ein Heiliger zu sein, nur weil du ständig von Freiheit, Liebe und was weiß ich redest - obwohl du keine Ahnung davon hast." Sie grinste ihn frech und fast herausfordernd an: "Wollen wir wetten?" Robert schien es, als würden ihn beide Wölfe ein wenig belustigt mustern, und es war, als würde er in ihren Augen das entdecken, was er gerade in den Gedanken ihrer Herrin vermutete. Verblüfft blickte er zu Boden und wusste vollends nicht mehr, was er von ihr halten sollte. "Ich glaube, ich muss über das alles ein Weile nachdenken", murmelte er in seinen Bart, woraufhin sie ihn schon wieder geradezu unverschämt angrinste. Auch wenn er ihr das nun wirklich übel nahm, blieb er noch eine Weile sitzen, druckste ein wenig herum und sagte schließlich:" Ich möchte dich noch etwas fragen: Woher weißt du so vieles über mich?" Sie lachte. "Das meiste spüre ich an deiner Ausstrahlung und daran, wie meine Wölfe auf dich reagieren. Oder ich höre es an deiner Stimme und an der Art, wie du über etwas sprichst. Blinde sehen zwar nichts, aber sie fühlen dafür um so mehr. Der Rest ist einfach nur Erfahrung und Intuition. Weißt du: Leute, die zu mir kommen und mir solche Fragen stellen, sind im Grunde alle gleich. Sie tun fast immer dasselbe, sie leben meistens ähnlich, sie haben beinahe die gleichen Ansichten, Vorstellungen und so weiter. Es ist also kein Geheimnis dahinter, nichts Übersinnliches." Robert dachte einen Augenblick lang nach. "Demnach sind viele Menschen ähnlich wie ich?" fragte er dann. "Ja, im Prinzip schon. Natürlich bist du wie jeder andere einmalig. Doch du hast dich immer für einen ganz besonderen Menschen gehalten, nicht wahr? Nein, wer wirklich anders ist, der hat Besseres zu tun, als mir derartige Fragen zu stellen." Das hätte ich eigentlich auch viel lieber getan, dachte Robert. Er saß noch lange da, und es wurde dabei immer stiller in ihm. Die Wölfe legten sich derweil entspannt zwischen ihm und ihrer Herrin auf den Boden und schienen jetzt zu dösen. Dann, auf einmal, hatte Robert offenbar verstanden, denn er stand lächelnd auf, bedankte sich höflich und ging nach Hause. Ich habe keine Ahnung, wie er dieses Gespräch verdaut hat oder wie er sich entschieden hat, aber das ist jetzt auch gar nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, dass diese junge und wunderschöne blinde Frau nun auch allen begegnet ist, die diese Geschichte bis zum Ende gelesen haben - und wie ihr euch entscheiden werdet, nicht wahr?



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