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Re: Web.deRe: Liegt unsere Stärke in unserem Mitgefühl????

Carrie schrieb am 26. September 2001 um 0:00 Uhr (384x gelesen):

Hallo Rudi,

es ist mir ein Bedürfnis, Dir zu antworten.
"Mitgefühl, was versteht man darunter? ......kannst Du mitfühlen welch ein Schmerz ein Mensch nach einer Verletzung, körperlich, geistig oder seelisch hat? Sicher nicht"........Deine Worte Rudi.

Rudi, Mitgefühl ist für mich, ......manchmal einfach da zu sein, zuzuhören . .........manchmal schweigend. Rudi, ich bin eine einfache Verwaltungsangestellte, mehr nicht. Und ich sage, ich versuche zumindest mitzufühlen. Ohne näher darauf eingehen zu wollen, Rudi, ich weiß sehr genau was körperliche Schmerzen sind. Mein Körper wurde "verletzt" und ich weiß nie, wie der nächste Tag werden wird, ohne oder mit Schmerzen. Aber ich empfinde meine Behinderung nicht mehr als Last, sondern als Möglichkeit daran zu wachsen. Egal wie das klingt, so ist es aber. Und ich habe gelernt. Für den einen ist Schmerz A genauso schlimm wie für den anderen Schmerz B. Wir haben uns das doch selbst ausgesucht. Es gibt immer schlimmere Schmerzen........der Gehbehinderte muss froh sein, nicht im Rollstuhl zu sitzen. Aber diese Rechnung geht nicht auf! Oder doch???? Muss der Gehbehinderte sich schuldig fühlen, nicht im Rollstuhl zu sitzen????

Rudi, was ist der Unterschied zwischen geistig und seelisch? Auch seelische Schmerzen kenne ich. Was meinst Du wie man sich fühlt, wenn man sich eingesperrt fühlt, unfähig seine Mitmenschen zu erreichen? Wenn man glaubt, bei lebendigem Leib zu versteinern, und es in dir schreit........entsetzlich schreit........aber diese Schreie nicht herauskönnen? Ich kenne diesen Schmerz persönlich,und ich habe diesen Schmerz bei Anderen gefühlt und erlebt, Rudi.

Mitgefühl heißt für mich, nicht unbedingt nur in das Leid Anderer hineinzugehen. Mitgefühl heißt für mich.....vor allem dazusein und zuzuhören. Rudi, es gibt so viele einsame Menschen. Die alte fast blinde Frau, die nur an die Bushaltestelle geht, um Menschen zu treffen, um sich mal unterhalten zu können. Was ist so schlimm daran, dieser Frau zuzuhören? Das belastet mich nicht. Habe ich keine Kraft, wenn ich zuhören möchte.....mehr nicht. Wenn ich Mitgefühl habe für die Frau, die ALLES aufsammelt an der Bushaltestelle. Ich bin kein Sozialarbeiter oder ähnliches, ich bin einfach gestrickt ........aber ich kann zuhören, Rudi.

Natürlich ist es besser, dem Anderen eine Perspektive geben zu können, ........aber zuhören ist doch auch schon ein Anfang.

Ja Rudi, die Verantwortung oder Last kann man für Andere nicht übernehmen. Ein Helfersyndrom habe ich nicht, ich tue mich selbst schwer darin auf Menschen zuzugehen. Meine menschlichen Kontakte lassen sich an ein paar Fingern abzählen. Vielleicht habe ich einen Minderwertigkeitskomplex......na und? Niemals möchte ich ein Egoist werden.........ich kann fühlen wie sich mir nahestehende Menschen fühlen und ich bin stolz darauf.

Alles Liebe,
Rita

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